Geschichte der Ohrakupunktur
In der Traditionellen Chinesischen Medizin sind einzelne Ohrpunkte bekannt. Auch die antike ägyptische und persische Medizin nutze die Ohrmuschel, um Krankheiten zu therapieren. In der europäischen Literatur finden sich erste Berichte im 18.Jahrhundert (Valsalva 1717) zur Ischiasbehandlung mittels Ohrkauterisation. Die Ohrakupunktur in all ihrer Komplexität, wie wir sie heute kennen, geht auf den französischen Arzt Dr. Paul Nogier zurück, der in den 50ger Jahren das Somatotop entdeckte und über viele Jahre erforschte und ausarbeitete.
Der Begriff Somatotrop kommt aus der Neuroanatomie und bezeichnet eine Körperregion, auf der der gesamte Organismus in Miniaturformat abgebildet ist. Dabei sind nicht alle Bereiche des Körpers im gleichen Größenverhältnis wie der reale Körper präsent, manche sind über- andere unterrepräsentiert. Am bekanntesten ist der sogenannte Homunkulus auf der Großhirnrinde.
Außer diesen Organ-Korrespondenzpunkten legte Nogier noch weitere Punkte fest, denen eine spezielle Wirkung zugeschrieben wird. Es handelt sich hierbei um schmerzstillende, entzündungshemmende und ausgleichende Punkte, deren Wirkung durch den erzielten Effekt bei der Behandlung erkannt wurden.
Nogiers Theorie der Ohrakupunktur verbreitete sich sehr schnell in ganz Europa, gelangte aber auch nach China, wo sie in das System der Traditionellen Chinesischen Medizin integriert wurde. Heutzutage wird die Ohrakupunktur weltweit erfolgreich eingesetzt.
Bemerkenswert ist der meist sehr schnelle Eintritt der Wirkung der Ohrakupunktur. Das gilt besonders für die Behandlung von Schmerzen des Bewegungssystems.
Bei der Behandlung stimuliert man sogenannte Reaktionspunkte. Das bedeutet, dass die Punkte im Ohr nur aktiv und auffindbar sind, wenn es in dem zugehörigen Organ eine Störung gibt. Dann beginnen die Punkte zu schmerzen. Auf diese Weise lässt sich eine Funktionsstörung im Körper aufspüren. Anschließend werden die schmerzhaften Ohr-Akupunkturpunkte mit Nadeln stimuliert.
"Die Ohrmuschel ist zur gleichen Zeit ein Armaturenbrett, welches man beobachtet und ein Steuerpunkt über das man Krankheit beeinflussen kann." (P.Nogier)
Wie wirkt die Ohrakupunktur?
Wie die Ohrakupunktur wirkt, kann bisher nicht abschließend erklärt werden. Es gibt aber einige Hypothesen. Ähnlich wie bei der Körperakupunktur vermutet man eine Ausschüttung von Botenstoffen durch die Behandlung der Ohr-Akupunkturpunkte.
Es werden aber auch direkte Verbindungen der Punkte zu Strukturen des zentralen Nervensystems, insbesondere über den Trigeminusnerv, den Vagusnerv und das obere Halsgeflecht angenommen. Diese drei großen Nerven versorgen das äußere Ohr und haben ihre Kerne im Hirnstamm.
Von dort aus, haben diese Kerne wiederum Verbindungen zur entscheidenden Schaltstelle zwischen Körper und Gehirn, der sogenannten Formatio reticularis. Auch Reflexbögen, die aus der frühen Embryonalzeit stammen, werden für die Ohrakupunktur-Wirkung zur Erklärung herangezogen.
Weil die Ohren in unmittelbarer Nähe des Gehirns sitzen, werden Signale sehr schnell hin- oder hergeleitet. Störungen sind auf diesem kurzen Weg sehr unwahrscheinlich. Das ist möglicherweise eine Erklärung dafür, dass die Ohrakupunktur-Wirkung stärker ist als bei anderen Reflexzonentherapien wie Hand- oder Fußreflexzonenmassage.
Jeder Punkt am Ohr wirkt auch emotional.
Die Ohrakupunktur in der Anwendung
- ist durch direkte Zugriffsmöglichkeit und schnelle, präzise Wirkungen besonders für die Notfallmedizin geeignet.
- ist eine äußerst wirksame Schmerztherapie. Akute und funktionelle Schmerzen, welcher Art und wo sie auch sind, können beeinflusst, gelindert und häufig ausgeschaltet werden.
- wirkt ausgleichend und regulierend. Störungen des zentralen Nervensystems (Furcht, Platzangst, Besessenheit, Konzentrationsmängel, Schwindel, Stottern usw.) werden nachhaltig beeinflusst.
- ist von ausgleichender, entspannender und anregender Wirkung und daher zur konstitutionellen Behandlung von alten Menschen geeignet.
- ist eine Basistherapie zur Suchtbehandlung (Raucherentwöhnung oder Regulierung des Essverhaltens)
In der folgenden Liste finden Sie eine Zusammenstellung typischer Behandlungsindikationen der Ohrakupunktur:
-Akute und chronische Schmerzen des Bewegungssystems:
- Verletzungen
- Gelenkschmerzen
- Reizungen des Ischiasnerven
- Beschwerden der Lendenwirbelsäule
- Zervikalsyndrom (Beschwerden der Halswirbelsäule)
- Schulter-Arm-Syndrom
- Tennisellenbogen
- Schmerzen der Achillesferse
- Knie- und Hüftarthrose
-erhöhter Blutdruck
-allergisches oder nichtallergisches Asthma
-Allergien, insbesondere Heuschnupfen
-Magenschleimhautentzündung
-Menstruationsbeschwerden, Wechseljahresbeschwerden
-Migräne, Kopfschmerzen
-Nervenschmerzen, insbesondere Trigeminusneuralgie
-Schwindel
-Raucherentwöhnung
-Gewichtsreduktion
-Prüfungsangst
-Schlafstörungen
"Ein jeder Schmerz und Krankheit, die auf ein Trauma zurückgehen, sind mit der Ohrakupunktur positiv zu beeinflussen. Schwierige Indikationen sind die Krankheitsbilder, bei denen nicht der Patient, sondern primär das soziale Umfeld therapiert werden müsste!" (P.Nogier)
Ohrakupunktur kann als einzelne Behandlungsmethode zum Einsatz kommen, meist aber auch als Begleittherapie von schulmedizinischen oder alternativen Behandlungen. Ein Versuch mit Ohrakupunktur ist eine schmerzarme und komplikationsarme Möglichkeit, unterschiedlichste Beschwerden zu behandeln.
Allerdings muss auch gesagt werden, sind Strukturen an den Organen defekt, kann die Ohrakupunktur das nicht beheben.
Bei empfindlichen Patienten können durch die Nadelung bei der Ohrakupunktur Kreislaufbeschwerden auftreten. Deshalb wird die Ohrakupunktur nur im Liegen durchgeführt.